Die Reduktion von CO2-Emissionen im Rahmen von Umwelt- und Klimaschutz hat für viele Unter-nehmen einen immer höheren Stellenwert. Ziel ist es, die Produktion emissionsärmer zu gestalten und eine fortlaufende Verbesserung bei der Energieeinsparung, Ressourceneffizienz und damit der CO2-Reduktion zu erreichen. Unternehmen leisten hier einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhal-tigkeit und Klimaschutz, senken langfristig ihre Kosten und stärken ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Verbesserung der CO2-Bilanz durch Optimierungsmaßnahmen
Intelligentes Wassermanagement kann einen maßgeblichen Beitrag im Bereich CO2-Einsparung leisten. Im Abwasser verbergen sich oft nicht beachtete Ressourcen an Energie und Rohstoffen, welche durch Biogasgewinnung, Wärmerückgewinnung, Wasser- und Wertstoffrecycling genutzt werden können. Ausgewiesen als eingesparte CO2-Äquivalente können diese Maßnahmen zur Verbesserung der CO2-Bilanz beitragen.
Während des Anlagenbetriebs ergeben sich Möglichkeiten den Ressourcen- und Energieverbrauch zu optimieren und damit CO2 auf verschiedenen Ebenen einzusparen:
- Auf Prozessebene über verfahrenstechnische Optimierung sowie verbesserte Steuerung und Auslastung von Maschinen.
- Auf Produktebene durch Modernisierung der Anlagen und vorausschauende Wartung.
- Über Digitalisierung durch digitale Nutzeranwendungen, Vernetzung von Prozessen, intelligente Diagnosesysteme sowie intelligente Steuerung
Wichtig ist hier eine ganzheitliche Betrachtung. Denn Optimierungsmaßnahmen verbrauchen in der Regel zunächst Ressourcen und Energie in der Umsetzung. Sie tragen jedoch im täglichen Anlagenbetrieb sowohl zur Verbesserung der CO2-Bilanz und Verringerung des Ressourcenverbrauchs als auch in vielen Fällen zur Optimierung der Betriebskosten bei.
Praxisbeispiel: kontinuierlicher Optimierungsprozess im Rahmen einer Anlagenbetriebsführung
Bei einem großen deutschen Lebensmittelhersteller aus dem Bereich der Kartoffelverarbeitung betreibt EnviroChemie seit November 2012 verantwortlich die Behandlungsanlage für Abwässer aus der Produktion. Täglich werden bis zu 1.300 m³ an stärkehaltigem Produktionsabwasser bis auf Direkteinleiterqualität aufbereitet. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen und ressourcenoptimierten Abwasserbehandlung wurden in den letzten Jahren verschiedene Phasen durchlaufen.
Phase 1 –Optimierungspotentiale ermitteln
Im Rahmen der Betriebsführungsübernahme wurde ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) eingerichtet. EnviroChemie führte zunächst eine umfassende Prozessanalyse durch, um Optimierungspotentiale zur Reduzierung der CO2-Emissionen sowie zur Senkung der Betriebskosten zu identifizieren. Folgende Möglichkeiten werden identifiziert:
- Verfahrenstechnik ändern: Integration einer anaeroben Behandlungsstufe zur Biogasgewinnung aus Abwasser
- Anlage modernisieren: Einsatz energieärmerer Aggregate
- Anlagenbetrieb optimieren: Optimierung von Betriebsparametern (z.B. Belüftung Belebungsbecken) und Verringerung der Laufzeiten energieintensiver Aggregate
Phase 2 – Emissionen durch energetisch optimierten Betrieb mit Biogasgewinnung vermeiden
Mit der bestehenden aeroben Behandlungsanlage wurden die gesetzlichen Grenzwerte sicher eingehalten. Jedoch war der Anlagenbetrieb geprägt von einem hohen Energieverbrauch, insbesondere durch die Erzeugung von Druckluft für die aerobe Behandlungsstufe. Daneben fielen beim Betrieb große Mengen an zu entsorgendem Überschussschlamm an.
Mit der Integration einer anaeroben Abwasserbehandlungsstufe Biomar® ASBx zur Biogasgewinnung im Jahr 2014 wurden sowohl die CO2-Emissionen als auch die Betriebskosten am Standort deutlich reduziert.
In den Folgejahren zeigten sich deutliche Einsparungen im Stromverbrauch sowie der zu entsorgenden Schlammmenge, gleichzeitig erfolgt die Biogasgewinnung:
- Biogasgewinnung ca. 430.000 Nm³/Jahr
- Reduzierung Stromverbrauch > 55%
- Reduzierung Schlammmenge ~ 50%
Das gewonnene Biogas wird aufbereitet und im Betrieb statt fossilem Erdgas zur Dampferzeugung eingesetzt.
Werden in Bezug auf eine Emissionsvermeidung die Stromeinsparung sowie die Biogasgewinnung herangezogen, ergeben sich Einsparungen von bis zu 1.500 t CO2-Äquivalenten pro Jahr im Vergleich zum ursprünglichen Betriebszustand.
Phase 3 –Wasserfußabdruck durch Wasserrecycling für die Produktion verbessern
Aufgrund einer Produktionserweiterung am Standort musste mit der deutlichen Zunahme der Abwassermenge gerechnet werden, was zu einer Überschreitung der Einleitvorgaben in den Vorfluter geführt hätte.
Durch ein Wasserrecycling am Standort konnte das Unternehmen im Jahr 2018 eine größere Unabhängigkeit bezüglich der Einleitbeschränkungen gewinnen und darüber hinaus seinen Wasserfußabdruck maßgeblich verbessern. Hierzu wird das behandelte Produktionsabwasser mittels Ultrafiltration und Umkehrosmose weiter aufbereitet und mittels UV-Licht und Chlor desinfiziert. Das keimfreie Wasser wird schließlich mit Stadtwasser verschnitten und im Betrieb wieder zu Produktionszwecken eingesetzt.
Etwa 30% des behandelten Produktionsabwassers wird aktuell bis auf eine der Trinkwasserverordnung entsprechende Wasserqualität aufbereitet. Jährlich werden so ca. 165.000 m³ Wasser recycelt. Die eingesparte Frischwassermenge trägt zu einer Einsparung an CO2-Äquivalenten bei.
Phase 4 –Digitale Hilfsmittel zur Anlagenoptimierung einsetzen
Mit der online-Plattform WaterExpert® wird seit dem Jahr 2020 ein Hilfsmittel eingesetzt, um den Anlagenbetrieb weiter zu optimieren, sowie die Ressourcen- und Energieeffizenz durch gezielten Einsatz von Expertenwissen weiter zu steigern. Zusätzlich installierte Online-Messtechnik wird genutzt, um unter anderem Störungen im Anlagenbetrieb frühzeitig zu erkennen, zu vermeiden sowie Wasserchemikalien optimal und bedarfsgerecht zu dosieren.
Die WaterExpert® App ermöglicht auf einfache Art und Weise einen vollständigen Überblick über den gesamten Anlagenbetrieb. Die Datenspeicherung erfolgt sicher in der Cloud, so dass ein Zugang zur WaterExpert® online-Plattform von jedem Ort aus möglich ist. Mittels Datenmonitoring, Alarm- und Wartungsmanagement stehen die relevanten Anlagendaten allen Experten in Echtzeit zur Verfügung. Via App können sich die Experten über den Remote-Zugang auf die Anlage schalten und das Betriebsteam vor Ort unterstützen.
Um die Performance der Anlage zu überwachen wurde in WaterExpert® ein System von Leistungsindikatoren (KPIs) hinterlegt, welches bei Überschreitung kritischer Werte Warnmeldungen auslöst.
Kennzahlen wurden unter anderem zum Monitoring der folgenden Parameter gebildet:
- Strombedarf
- Chemikalienbedarf
- Schlammanfall
- Gewinnung von Frischwasser
- Biogasgewinnung
Durch die Zusammenführung aller Informationen in der WaterExpert online-Plattform haben sowohl das Betriebsteam vor Ort als auch die Experten im EnviroChemie Backoffice jederzeit Zugriff auf alle relevanten Daten. Das Betriebsteam kann so schnell und einfach unterstützt werden. Viele kleine Maßnahmen führten innerhalb kurzer Zeit zu einer Senkung des Energiebedarfs um ca. 20%.
CO2-Bilanz im Jahr 2020
Für das Betriebsjahr 2020 konnten deutliche Einsparungen an CO2 durch die Biogasgewinnung und Frischwassereinsparung über das Wasserrecycling erreicht werden. Diese summieren sich zu einer CO2-Gutschrift von -561 t CO2-Äquivalenten pro Jahr. Die Betrachtung erhebt nicht den Anspruch einer CO2-Gesamtbilanz der Anlage, sondern soll zur Einschätzung der Größenordnung dienen. Stellt man den Strombedarf der Abwasserbehandlung sowie den Chemikalienverbrauch in CO2-Äquivalenten dagegen, bleibt ein CO2-Saldo von -31 t CO2-Äquivalenten pro Jahr. Die CO2-Gutschrift über Biogasgewinnung und Frischwassereinsparung deckt somit die entstandene CO2-Emission aus dem Strom- und Chemikalienbedarf. Die größten Einflussfaktoren sind die Biogasproduktion, um die CO2-Gutschrift weiter zu steigern. Und der Strombedarf, um die CO2-Emission weiter zu senken. An diesen Faktoren wird weiterhin gearbeitet werden, um weitere CO2-Einsparungen zu erreichen.